09 Dez 1. Der Zweck des Lebens
Der Mensch und das Universum: Ein Spiegelbild Gottes
Harmonie, Präzision und Ordnung sind in der Natur und im gesamten Kosmos klar ersichtlich. Seit Millionen von Jahren haben sich die Zyklen des Lebens in der Natur und im Universum mit bemerkenswerter Stetigkeit wiederholt. Es kann nicht sein, dass dieses fantastische Universum das Resultat eines Zufalls ist. Alles, was existiert, sogar die kleinsten Partikel und Zellen, haben eine Bedeutung und einen Zweck. Zum Beispiel hat jeder Teil des menschlichen Körpers eine bestimmte spezifische Funktion und steht in Beziehung zu anderen Körperteilen, um den höheren Zweck – das Leben zu erhalten – zu erfüllen. Es muss einen Ursprung des universalen Zwecks und Plans geben, eine erste Ursache, die allem einen Zweck gibt und die Harmonie des Universums aufrecht erhält. Wir nennen diese erste Ursache Gott.
Die Geschichte hindurch hat die Menschheit versucht, diese erste Ursache zu verstehen. Religionen entstanden und gaben Anleitungen, wie man sich mit dieser Quelle verbinden kann. Drei der großen Weltreligionen – Judentum, Christentum und Islam – lehren, dass Gott (Jahwe, Allah) unser Schöpfer ist und dass Er ein Wesen der Liebe ist. Beschäftigen wir uns kurz damit.
Wie können wir etwas über unseren Schöpfer in Erfahrung bringen, wenn Gott doch unsichtbar und immateriell und daher direkten wissenschaftlichen Forschungen unzugänglich ist? Gemäß den Heiligen Schriften vieler Religionen kann das Wesen Gottes verstanden werden, indem wir die von Ihm geschaffene Welt, die uns umgibt, untersuchen. In der Bibel heißt es: „Seit der Erschaffung der Welt kann Sein unsichtbares Wesen, Seine ewige Kraft und Gottheit, erkannt werden an den Werken Seiner Schöpfung.“ (Röm 1,20) Konfuzius sagte in seiner poetischen Weise: „Die Macht der geistigen Kräfte im Universum – wie aktiv sie doch überall ist! Unsichtbar für die Augen und ungreifbar für die Sinne, wohnt sie doch in allen Dingen.“ (Doktrin des Mittelwertes 16)
Wie die Gemälde eines Künstlers etwas über seine Persönlichkeit aussagen und wie das äußere Erscheinungsbild einer Person etwas über ihren Charakter offenbart, so spiegelt sich auch das Wesen Gottes in den Dingen wider, die Er geschaffen hat. Das lässt sich aus der Beziehung zwischen Ursache und Wirkung ableiten. Könnte eine chaotische Ursache ein harmonisches Universum hervorbringen? Könnte ein herzloser Gott eine Welt schaffen, die voller Liebe und Schönheit ist? Das würde aller Logik widersprechen. Deshalb können wir etwas über die Ursache, Gott, erfahren, indem wir die Wirkung, Seine Schöpfung, studieren.
Die Elternschaft Gottes
Welche universalen Eigenschaften finden sich in der geschaffenen Welt? Eine gemeinsame Eigenschaft ist, dass alle Wesen die Aspekte von männlich und weiblich oder – wie in der Welt der Mineralien – von positiv und negativ besitzen. Diese Paar-Eigenschaften werden Polare Wesenszüge genannt. Männer und Frauen, männliche und weibliche Tiere, Staubgefäße und Stempel in der Pflanzenwelt, sie alle sind Beispiele für das Paarsystem. Auf der Ebene der Mineralien entdecken wir Polaritäten wie Protonen und Elektronen, Kationen und Anionen, positive und negative Ladungen. Die Welt ist in einer solchen Weise geschaffen, dass alles durch die wechselseitige Beziehung des Gebens und Empfangens zwischen männlich und weiblich und positiv und negativ existiert und sich vermehrt.
Was sagt uns das über Gott? Wenn diese Polaren Wesenszüge im ganzen Universum existieren, dann ist Gott, der die Ursache ist, nicht der Ursprung der Maskulinität, sondern auch der Femininität. Woher sollte denn der feminine Aspekt alles Lebens stammen, wenn nicht ebenfalls vom Schöpfer des Universums? Mann und Frau sind also in gleicher Weise essentielle Ausdrucksformen Gottes. Die höchste menschliche Ausdrucksform des Herzens und der Persönlichkeit Gottes besteht in Mann und Frau. Einige Religionen nennen Gott unseren Himmlischen Vater. Aber da Gott auch der Ursprung des Femininen ist, muss Er auch mütterliche Charakterzüge haben. Gott ist ursprüngliche Eltern (Vater und Mutter) der Menschheit und wir Menschen sind Seine Kinder.
In Gott befinden sich Maskulinität und Femininität in vollkommener Harmonie. Auch in der Schöpfung treffen wir maskulin und feminin und positiv und negativ in Harmonie miteinander an, verwirklicht durch Myriaden von Beziehungen des Gebens und Empfangens. Zum Beispiel erhält der menschliche Körper durch den Vorgang des Gebens und Empfangens zwischen Arterien und Venen und das Aus- und Einatmen seine Existenz aufrecht. Pflanzen und Tiere erhalten die Funktionen ihrer Existenz durch das Geben und Empfangen zwischen ihren verschiedenen Organen und Systemen aufrecht. Materielle Dinge entstehen und bewahren ihre Existenz durch physikalisch-chemische Reaktionen auf der Grundlage des Vorgangs des Gebens und Empfangens zwischen Partikeln, Atomen und Molekülen. Und wir erkennen, dass sogar das Sonnensystem durch die Wechselbeziehung des Gebens und Empfangens zwischen der Sonne und den um sie kreisenden Planeten existiert.
Es gibt eine zweite Polarität, die allen geschaffenen Wesen gemeinsam ist: Alles hat eine äußere Form und einen inneren Charakter, der den Zweck und den Wert der Form bestimmt. Wir erkennen, dass auf jeder Ebene der Existenz Vernunft und Gesetzmäßigkeit das Verhalten der Energie bestimmen. Teilchen, Atome und Moleküle bestehen aus Energie, werden aber von den unsichtbaren Gesetzen der Natur geleitet. Pflanzen bestehen aus Zellen, werden aber von ihrem inneren Wesen, dem „pflanzlichen Gemüt“ geleitet, das die physiologischen Funktionen der Pflanze bestimmt. Man hat auch erkannt, dass Pflanzen eine gewisse Sensibilität für ihre Umgebung aufweisen und auf Musik und menschliche Emotionen reagieren. Tiere haben einen Körper und werden von ihren Instinkten geleitet.
Der Mensch hat auch einen Körper, der aus Zellen besteht, aber zusätzlich besitzt er einen einzigartigen menschlichen Geist, der es ihm ermöglicht, auf seine besondere Weise zu denken und zu fühlen.
Da alles, was Gott erschuf, eine äußere Form und einen inneren Charakter hat, muss auch Er selbst einen inneren und äußeren Aspekt haben. Den äußeren Aspekt Gottes nennen wir die Universale Ursprungsenergie, die die Ursache jeglicher physikalischen Energie darstellt (z. B. Sonnen- und elektrische Energie, Erdanziehungskraft, Magnetismus etc.) und demzufolge die Ursache aller Materie ist. Gottes Universale Ursprungsenergie schafft, entwickelt und erhält den Kosmos.
Der innere Aspekt Gottes hat mit Persönlichkeit zu tun – Motivation, Zweck und Identität. Um dies zu verstehen, müssen wir die Menschen betrachten, die nicht nur die komplexesten und am höchsten entwickelten Geschöpfe sind, sondern auch die größte Eigenwahrnehmung besitzen.
Die Hauptattribute des menschlichen Gemüts sind Gefühl, Intellekt und Wille. Wir sind mit der Fähigkeit ausgestattet, selbstlos zu lieben, und mit dem Impuls, nach Wahrheit und dem Guten zu streben. Wir schätzen die Schönheit der Natur. Wir sind glücklich über die Geburt eines Babys. Wir erfreuen uns an Musik und Tanz und lieben es, unsere eigene Kreativität zum Ausdruck zu bringen. Wir streben nach Wissen und Weisheit. Unser Gewissen drängt uns, Gutes zu tun und Böses zurückzuweisen. Jeder träumt von einer Welt des Friedens und der Harmonie.
Woher kommen diese gemeinsamen Qualitäten und Bestrebungen? Wir können nicht behaupten, dass sie von uns selbst stammen; es muss eine bereits vorhandene Quelle geben: unseren Schöpfer. Gott ist die Quelle der Werte, die wir alle schätzen: Liebe, Wahrheit, Schönheit und das Gute. Die Kraft Gottes ist immer von Vernunft und Prinzip geleitet, wird jedoch vor allem von Seinem Impuls zu lieben ausgedrückt. Das Herz ist der Kern des Wesens Gottes. Aus dem Herzen kommt der Impuls zu lieben und nach einem Objekt zu suchen, das man lieben und um das man sich kümmern kann. Gott fühlt Freude, wenn Er ein Objekt, das Er geschaffen hat, lieben kann. Die Schönheit der Schöpfung ist ein Ausdruck Seiner unendlichen Liebe zu uns. Gott liebt jeden Einzelnen von uns und Er freut sich, wenn wir Seine Liebe erwidern und vermehren, indem wir andere lieben.
Das Leiden Gottes
Freude entsteht nicht durch einen einzelnen Menschen allein, sondern durch die Beziehung zu einem substantiellen Objekt, das unser eigenes Wesen widerspiegelt. Eine Künstlerin fühlt Freude, wenn sie fähig ist, sich in ihrem Kunstwerk auszudrücken. Ein Architekt empfindet Freude, wenn er die Vollendung seines Bauwerkes sieht. Das ist deshalb so, weil das Geschaffene den unsichtbaren Charakter seines Schöpfers widerspiegelt. Wir sehen uns selbst reflektiert in dem, was wir schaffen. Das ist auch ein Wesenszug Gottes.
Gott fühlt Freude, wenn Er sich in Seiner Schöpfung reflektiert sieht. Deshalb möchte Gott Seine Liebe und Sein Ideal in einem substantiellen Objekt ausgedrückt sehen. Gott hat die Macht zu lieben, aber Er braucht jemanden, dem er Seine Liebe schenken kann, sonst kann Sein Herz nicht erfüllt sein. Wir, als Gottes Kinder, sind Seine höchste Schöpfung, geboren mit der Fähigkeit, Seine Liebe zu empfangen und Ihm zurückzugeben.
Religiöse Schriften betrachten den Menschen als ein besonderes Geschöpf Gottes. Zum Beispiel erklärt die Bibel, dass der Mensch zum Bilde Gottes geschaffen wurde. Im Koran sagt Allah: „Ich habe von meinem Geist dem Menschen eingehaucht.“ (Koran 15:29). Und eine konfuzianische Textstelle bestätigt: „Der edle Mensch widerspiegelt in seiner Persönlichkeit den Glanz der Tugenden des Himmels.“ (I Ching 35, Der Fortschritt)
Die höchste Freude ist die, die Eltern durch ihre Kinder empfinden. Alle inneren und äußeren Wesenszüge der Eltern sind in den Kindern reflektiert. Des Weiteren hat ein Kind das Potential, die Qualitäten der Eltern auf neue Ebenen zu bringen. Alle Eltern sind stolz, wenn sie ihre Kinder zu erfolgreichen Persönlichkeiten heranwachsen sehen. In der Tat wünschen sie sich, dass ihre Kinder noch größer und glücklicher werden als sie selbst. Dies genau ist auch das Herz Gottes uns gegenüber.
In Wirklichkeit waren die Menschen jedoch nie dazu fähig, Gottes Liebe vollständig zu erwidern. Wir sind dazu bestimmt, Objekt der Liebe Gottes zu sein, aber in der Realität sind wir von Gott, unseren Eltern, getrennt. Wir sind keine wahre Reflexion unseres Schöpfers. Stattdessen verkörpern wir egoistische Liebe, die mit Gottes selbstloser, aufopferungsvoller Liebe unvereinbar ist. Gottes unendliche Liebe bleibt unerwidert. Er fühlt sich allein in Seiner eigenen Schöpfung. Gott als unsere Eltern leidet mehr als wir, wenn Er den bedauernswerten Zustand der Menschen sieht.
Traditionell wurde Gott oft als ein Wesen mit Autorität, Allmacht und Barmherzigkeit beschrieben, aber Sein leidendes Herz wurde nie ganz verstanden. Wir waren wie Kinder, die mit Ehrfurcht zu ihren Eltern aufschauen, aber die Sorgen ihrer Eltern nicht erkennen. Wenn wir geistig heranreifen, können wir das leidende Herz Gottes begreifen. Durch Gebet und Reflektion hat jeder von uns das Potential, das Herz Gottes, Seine Einsamkeit und Seinen Kummer wegen des Verlustes Seiner Kinder zu entdecken und Seine Sehnsucht nach Vereinigung mit jedem Einzelnen von uns zu spüren.
Die menschliche Geschichte bis zum heutigen Tag ist die Geschichte von Gottes Bemühungen, uns zu helfen, uns zu verändern und unsere Beziehung zu Ihm wiederherzustellen. Gott ist kein grausamer Richter, der herzlos zuschaut, wie wir leiden, und der auf den rechten Augenblick wartet, um jeden von uns wegen unserer Fehler und Schwächen zu richten. Er ist vielmehr Eltern mit einem gebrochenen Herzen, der versucht, uns aufzuzeigen, wie wir uns aus unserem Elend befreien können. Leider haben wir uns fast immer geweigert, Ihm zuzuhören, und wenn wir zuhörten, haben wir Ihn oft nicht richtig verstanden.
Heute sind wir herausgefordert, die Hindernisse der Vergangenheit zu überwinden und unser Potential zu entfalten, damit sowohl Gott als auch wir selbst glücklich werden können. Deshalb müssen wir das Ideal verstehen, das Gott für Mann und Frau vorgesehen hat. Durch das Erfüllen unseres wahren Zwecks werden wir ewige Freude erfahren und Gott Freude bringen.
Der Zweck des Lebens: Die Vollendung der Liebe
Gemäß der Bibel gab Gott den ersten Menschen drei Segen: „Seid fruchtbar und vermehrt euch, bevölkert die Erde, unterwerft sie euch. (Gen 1,28)
Der erste Segen „Seid fruchtbar“ bedeutet, dass wir unseren Charakter vervollkommnen oder zur Reife führen sollen. Ein Baum ist fruchtbar, wenn er wächst und gedeiht und dann Früchte trägt. In ähnlicher Weise ist ein Mensch „fruchtbar“, der geistig, intellektuell und emotional reif ist und Früchte der Liebe, der Weisheit und des Guten trägt. Ein solcher Mensch verkörpert Gottes Wesen und Herz. Eine völlig reife Person hat eine solch tiefe Beziehung zu Gott, dass sie fähig ist, die Freude oder den Kummer Gottes zu fühlen und mit Ihm frei zu kommunizieren. Ein solcher Mensch lebt und handelt auf natürliche Weise im Einklang mit dem Willen Gottes.
In seinem ursprünglichen Ideal wollte Gott, dass jeder die Vervollkommnung der Liebe erlangt und fähig ist, jeden Menschen und die Schöpfung wahr und bedingungslos zu lieben.
Jesus sagte: „Liebt eure Feinde und betet für die, die euch verfolgen. … Ihr sollt also vollkommen sein, wie es auch euer himmlischer Vater ist.“ (Mt 5,44 und 48)
Jesus verkörperte Gottes wahre Liebe: „Wer mich gesehen hat, hat den Vater gesehen.“ (Joh 14,9) Wahre Liebe bedeutet ein opferbereites Leben zum Wohl anderer. In einer idealen Beziehung wird Opferbereitschaft belohnt, da die Person, die wahre Liebe erhält, sie auf natürliche Weise erwidert. Wahre Liebe wirkt wie ein Magnet; sie zieht andere an und erweckt in ihnen auch wahre Liebe. Die großen Heiligen und Weisen der Welt wie auch unzählige namenlose rechtschaffene Männer und Frauen wurden von einer viel größeren Kraft als ihrer eigenen geleitet: von der Kraft der Liebe Gottes, die sie dazu bewegte, sich selbst zurückzustellen und für das Wohl anderer zu leben.
Unser angeborenes Sehnen nach Vollkommenheit drückt sich auch darin aus, dass jeder Mensch den Wunsch hat, der Größte, der Beste und der Klügste zu sein. Jeder möchte einen idealen Ehepartner heiraten und die wunderbarsten Kinder der Welt haben.
Gleichzeitig erkennen wir unsere eigene Unvollkommenheit, wenn wir die Kluft erleben, die zwischen unseren Wünschen und unserer Wirklichkeit existiert. So werden sich viele von uns mit dem Konflikt identifizieren, den der Apostel Paulus beschreibt: „Denn ich tue nicht das Gute, das ich will, sondern das Böse, das ich nicht will.“ (Röm 7,19) Wir fühlen uns hin- und hergerissen zwischen dem, was uns unser Gewissen sagt, und dem, wozu uns unsere egoistische selbstbezogene Natur drängt. Wir empfinden Schuld oder Scham, wenn wir Dinge tun, die in Konflikt mit unserem Gewissen stehen.
Vervollkommnung ist unmöglich, solange der innere Widerspruch bestehen bleibt
Auch wenn die Menschheit in geistige Unwissenheit gefallen ist, hat Gott Sein ursprüngliches Ideal, dass jeder Mensch die Vollendung der Liebe erreicht, nie aufgegeben. Mit Gottes Hilfe und durch unsere eigenen Anstrengungen werden wir schließlich dieses Potential verwirklichen und das ursprüngliche Glück und grenzenlose Freude erlangen, wonach sich Männer und Frauen die ganze Geschichte hindurch gesehnt haben.
Der zweite Segen Gottes für die ersten Menschen lautet: „Vermehrt euch.“ Dies sollte auf der Grundlage persönlicher Reife geschehen. Gott wollte, dass ein wahrer Mann und eine wahre Frau heiraten und zusammen sündenlose Kinder aufziehen. Kinder, die von ihren in Liebe und Charakter gereiften Eltern aufgezogen werden, würden sich dann ebenfalls zu wahren Männern und Frauen entwickeln. Diese Kinder würden heranwachsen und den väterlichen Aspekt der Liebe Gottes durch ihren Vater und den mütterlichen Aspekt der Liebe Gottes durch ihre Mutter erfahren.
Gab es in der Geschichte jemals eine solche Familie? Nein, nicht wirklich. Tragischerweise versagten die ersten menschlichen Vorfahren, in den Heiligen Schriften mit Adam und Eva bezeichnet, darin, eine ideale Familie zu errichten. Anstatt das Gute und die Liebe durch ihre Nachkommen zu vermehren, wurden Selbstsucht und Korruption vermehrt. Deshalb haben wir nie wahre Eltern erlebt, die Kinder ohne Sünde aufziehen und eine sündenlose Erblinie etablieren konnten. Seit dem Beginn der Geschichte gab es zu keinem Zeitpunkt wahre Eltern, die die Liebe Gottes vollkommen verkörpern.
Von wahren Eltern kann sich eine wahre Familie, Gesellschaft, Nation und eine wahre Welt entwickeln, in der die Kinder die Liebe Gottes als eine tägliche Realität erleben. In einer wahren Familie kann die Liebe Gottes auf allen Ebenen erblühen: zwischen Eltern und Kindern (Eltern- und Kindesliebe), zwischen Ehemann und Ehefrau (eheliche Liebe) und unter den Kindern (Geschwisterliebe). Wenn die Mitglieder einer auf Gott ausgerichteten Familie diese Arten der Liebe in ihrem eigenen Zuhause praktizieren, dann wird ihre Familie zu einem Modell für ihre Nachbarn, ihre Gemeinde, ihr Land und für die ganze Menschheitsfamilie. Diese Familie würde zu nichts anderem als zum Reich Gottes auf Erden führen.
Die Stärke der Gesellschaft liegt in der Stärke ihrer Familien. Wenn wir keine gesunden Familien haben, können wir auch keine gesunde Gesellschaft errichten. Wenn eine Gesellschaft die Unverletzlichkeit der traditionellen Familie – ihr grundlegendes Fundament – verliert, wird sie zunehmend zügelloses Sexualverhalten und Zerfallserscheinungen erleben. Eine solche Gesellschaft geht unausweichlich ihrem Untergang entgegen. Kinder sind die Hauptopfer von sexueller Deviation und zerrütteten Familien. Dabei sind es doch gerade sie, die die Zukunft unserer Gesellschaft, unserer Nationen und der Welt bestimmen werden.
Die Bibel lehrt uns: „Denn die ganze Schöpfung wartet sehnsüchtig auf das Offenbarwerden der Söhne Gottes. … Denn wir wissen, dass die gesamte Schöpfung bis zum heutigen Tag seufzt und in Geburtswehen liegt.“ (Röm 8,19 und 22)
Gott wollte, dass die ersten menschlichen Vorfahren die Drei Großen Segen erfüllen und dadurch das Reich Gottes auf Erden errichten. Das war Gottes Plan für die Verwirklichung einer Welt der wahren Liebe. In einer solchen Welt sollte es keinerlei destruktiven Konflikte oder Korruption geben. Alle Menschen würden harmonisch als eine große Familie zusammenleben. Viele Menschen sind der Meinung, dass es unmöglich ist, solch eine ideale Welt zu verwirklichen. Aber warum sollte das nicht möglich sein? Ist es nicht eher so, dass Gott, mit Seiner Kraft, die Welt zu erschaffen, auch dazu fähig und entschlossen ist, Sein ursprüngliches Ideal zu erfüllen?
Gott als Eltern der Menschheit hat durch verschiedene Religionen gewirkt, um Seine Kinder vom Bösen und von der Selbstsucht zu befreien. Gott hat jedoch die Menschen nicht als Roboter oder Marionetten geschaffen, die man durch das Drücken einiger Knöpfe oder durch das Ziehen von Fäden steuern kann. Nein, Er schuf uns mit einem eigenen Willen. Deshalb braucht Er unser freiwilliges Mitwirken. Gott ist dazu entschlossen, Sein Ideal zu verwirklichen, aber die Erfüllung Seines Ideals hängt davon ab, wie schnell und vollständig jeder Einzelne fähig ist, auf Gottes Wort zu reagieren.
Verantwortung und Freiheit
Die Tatsache, dass die Erschaffung des Kosmos Millionen von Jahren gedauert hat, bedeutet, dass für das Entstehen aller Dinge eine Zeitperiode notwendig ist. Nichts wurde in einem Augenblick zu dem, was es ist. Eine blühende Pflanze beginnt ihre Existenz als Same und erreicht ihre Vollendung oder Reife, wenn sie ihre volle Größe erreicht hat und Blüten und neue Samen für eine nächste Generation hervorbringt. Auch der Mensch braucht eine gewisse Zeit, um körperlich und geistig zu wachsen.
Idealerweise sollten sich Geist und Körper eines Menschen in Harmonie miteinander entwickeln, so dass er beim Eintritt ins Erwachsenenalter nicht nur seine körperliche, sondern auch seine geistige Reife erlangt hat. Der menschliche Körper wächst bei guter Nahrung und Pflege gemäß seinen genetischen Erbanlagen automatisch zur Reife. Das geistige Wachstum jedoch ist eine andere Sache. Es bedarf in besonderer Weise der Mitwirkung des Menschen, seiner Kreativität und der Erfüllung seiner eigenen Verantwortung.
Gott hat uns den freien Willen und ein ursprüngliches Gemüt gegeben, das nach dem Guten und Selbstlosigkeit strebt. Im Unterschied zu Pflanzen und Tieren, bei denen das Wachstum von den Naturgesetzen gesteuert und kontrolliert wird, vervollkommnen sich die Menschen nicht nur durch die Prinzipien des biologischen Wachstums, sondern auch durch das Erfüllen ihrer eigenen Verantwortung.
Warum gab Gott nur den Menschen eine solche Verantwortung und nicht auch anderen Kreaturen? Erstens wollte Gott, dass die Menschen, Seine Kinder, die Schöpfung mit verantwortungsvoller Liebe regieren. Um uns diese Autorität zu geben, musste Gott die Menschen über alle anderen Kreaturen stellen, indem Er uns eine Verantwortung übertrug, die kein anderes Wesen besitzt. Zweitens wollte Gott uns das einzigartige Privileg geben, an der Schöpfung und Entwicklung unserer eigenen Persönlichkeit mitzuwirken. Daher sind wir Mitschöpfer und sollen Gottes Schöpferkraft erben. Drittens, damit wir fähig sind zu lieben. Liebe, die nicht frei aus unserem Herzen kommt, ist keine wahre Liebe.
Aber wenn wir Freiheit besitzen, haben wir auch die Möglichkeit, sie zu missbrauchen. Deshalb hat Gott Mann und Frau eine Leitlinie, ausgedrückt im Gebot an Adam und Eva, gegeben, damit sie während der Phase ihres Wachstums zur Reife im Bereich des Göttlichen Prinzips bleiben würden. Die Einhaltung des Gebots war ihre Verantwortung.
Wenn Mann und Frau die Vervollkommnung ihrer Persönlichkeit erreichen, haben sie ein solch liebendes und diszipliniertes Wesen und eine solch tiefe Liebe zu Gott, dass sie Gott niemals betrügen könnten. Deshalb kann eine Person in einer dem Göttlichen Prinzip widersprechenden Weise nur handeln, bevor sie Vollkommenheit erreicht hat und sich noch in einem unreifen geistigen Zustand befindet. Genau das passierte mit den ersten menschlichen Vorfahren. Sie missbrauchten ihre von Gott gegebene Freiheit, während sie sich noch in ihrer Wachstumsphase zur Vollkommenheit befanden.
In unserer heutigen Gesellschaft wird Freiheit betont, während Verantwortung heruntergespielt wird. Das Ergebnis dieses Ungleichgewichts zeigt sich überall um uns herum: Kriminalität hat ein schlimmes Ausmaß erreicht und Unmoral nimmt überhand. Das führt wiederum zu einem Klima von Angst und Misstrauen, das die Freiheit der Menschen wesentlich einschränkt. Die Lösung für alle sozialen Probleme beginnt damit, dass Individuen lernen, ihre Verantwortungen genauso wertzuschätzen wie ihre Freiheiten.
Wohin gehen wir, wenn wir sterben?
Viele glauben an die eine oder andere Art eines Lebens nach dem Tod, jedoch verstehen die meisten Menschen nicht, dass wir bereits während unseres physischen Lebens gleichzeitig in zwei Bereichen existieren – in einem materiellen und einem geistigen. Gott hat jeden Menschen mit einem physischen Selbst und einem geistigen Selbst geschaffen.
So wie die physische Welt die Umgebung für unser physisches Selbst darstellt, so ist die geistige Welt die Umgebung für unser geistiges Selbst. Aber während unser Aufenthalt auf dieser Erde zeitlich begrenzt ist, leben wir in der geistigen Welt ewig.
Gott als universale Eltern und Quelle der Liebe schuf uns als Seine Kinder, die Seine Liebe für alle Ewigkeit empfangen sollen. Durch das physische Leben auf der Erde, ausgerichtet auf die Familie, erfahren wir alle Arten von Liebe. Auf diese Weise schaffen wir in uns selbst die Grundlage für diese sich ständig entwickelnde Beziehung zu Gott. Wenn wir einmal den Zweck unseres Lebens auf der Erde erfüllt haben, ist die Verbindung mit dem Körper nicht länger unentbehrlich. Alle physischen Körper unterliegen einem natürlichen Alterungsprozess und vergehen. Das ist der Grund, warum Gott nicht nur eine physische, sondern auch eine geistige Welt schuf.
In Gottes ursprünglichem Ideal sollten wir auf der Erde fähig sein, durch unsere fünf geistigen Sinne mit der geistigen Welt in Beziehung zu treten, so wie wir mit unseren fünf physischen Sinnen die physische Welt wahrnehmen. Aber weil wir uns von Gott getrennt haben und die geistige Reife nicht erlangen konnten, wurden unsere geistigen Sinne so beeinträchtigt, dass wir in Unwissenheit über die geistige Welt leben.
Heutzutage kommen die vielleicht dramatischsten Zeugnisse über die Existenz der geistigen Dimension von Personen, die eine so genannte „Nahtoderfahrung“ hatten. Viele dieser Menschen, die von Ärzten für klinisch tot erklärt worden waren, aber später wiederbelebt wurden, erinnern sich an bemerkenswert ähnliche Erfahrungen während ihres „Totseins“. In Büchern wie dem von Dr. Raymond Moody „Das Leben nach dem Tod“ berichten solche Menschen, dass sie, nachdem sie „gestorben waren“, außerhalb ihres Körpers schwebten und ihren Körper aus der Entfernung sehen konnten. Andere Geistwesen kamen, um ihnen zu helfen, und sie erkannten sie oft als Freunde oder Verwandte, die schon früher verstorben waren.
Viele Menschen hatten begrenzte Erfahrungen mit der „jenseitigen“ Welt, wenn es ihnen möglich war, über ihre physische Wahrnehmung hinaus bestimmte Dinge zu sehen oder zu spüren. In einigen Fällen konnten Menschen direkt mit dem Geist von Verstorbenen kommunizieren. In seinem Buch „Das Leben in der unsichtbaren Welt“ schreibt der Autor Anthony Borgia über seine Kommunikation mit einem verstorbenen anglikanischen Priester. Der Priester beschreibt seine Erfahrungen nach dem Tod und berichtet, dass die geistige Welt in vielerlei Hinsicht so wie die physische Welt erscheint, mit Bergen, Bäumen und Blumen. Aber die Bewohner, so berichtet er, leben auf unterschiedlichen Ebenen entsprechend dem Grad der geistigen Reife, die sie während ihres Erdenlebens erreicht hatten.
Andere Personen mit direktem Kontakt zur geistigen Welt haben ebenfalls von den verschiedenen Bereichen, die es dort gibt, berichtet. Es ist nicht Gott, der die Menschen an die verschiedenen Plätze schickt. Die Menschen bestimmen ihren Platz in der geistigen Welt selbst. Ihr Bestimmungsort steht in Beziehung zu der Fähigkeit zu lieben, die sie während ihres Erdenlebens erworben haben. Zum Beispiel leben die wenigen Heiligen, die es auf der Welt gab, in der geistigen Welt nahe bei Gott in einer Umgebung von Licht und Wärme. Aber diejenigen, deren Leben von Profit- und Habgier gekennzeichnet war, sind in einem Bereich versammelt, in dem es so gut wie keine Liebe gibt. Eine Umgebung der Gewalt in der geistigen Welt zieht gewalttätige Seelen an. Eine Umgebung des Guten zieht liebende Seelen an. Deshalb sind die oft gebrauchten Bezeichnungen „Himmel“ und „Hölle“ weniger Orte für das Leben nach dem Tod, sondern sie entsprechen der Entwicklung und der Reinheit des Herzens im Leben eines Menschen.
In Gottes Plan für eine ideale Welt sollte weder die geistige noch die physische Welt jemals ein Ort der Qual, Angst und Strafe sein. Gott plante einen Ort, an dem alle Männer und Frauen nach dem Erreichen ihrer Vollkommenheit harmonisch mit Gott und ihren Familien für immer zusammenleben können.
Alle Menschen, welchen Lebenswandel sie auch immer auf der Erde geführt haben, werden letztendlich in die höchsten Sphären der geistigen Welt erhoben werden. Das ist deshalb so, weil Gott als Eltern aller Menschen es nicht ertragen kann, dass irgendjemand auf ewig von Ihm getrennt leben muss. Und als allmächtiger Schöpfer wird Er schließlich all Seine Kinder zu sich bringen. Aber, um es nochmals zu erwähnen, alle Menschen haben ihre eigene Freiheit und dieser Prozess der Wiederherstellung und Entwicklung erfordert, dass jeder Mensch Verantwortung für sein eigenes Wachstum übernimmt.
Wie erfolgt geistiges Wachstum?
Wir leben sowohl in der physischen als auch in der geistigen Welt und jeder von uns besteht aus einem physischen Selbst und einem geistigen Selbst. Das geistige Selbst steht in der Subjektposition und gibt dem physischen Selbst Zweck und Richtung. Das physische Selbst besteht aus einem physischen Körper, der von Zellen gebildet wird, und einem physischen Gemüt, das sich beispielsweise im Verlangen nach Nahrung und Schlaf manifestiert. In gleicher Weise hat das geistige Selbst auch einen geistigen Körper und ein geistiges Gemüt. Weil das geistige Selbst eine ähnliche Form hat wie der physische Körper, können Menschen in der geistigen Welt erkannt werden. Das erklärt, warum Menschen, die mit der geistigen Welt Kontakt haben, ihre Freunde und Verwandten, die schon verstorben sind, wiedererkennen können.
Das geistige Gemüt ist das Zentrum eines Menschen und beinhaltet Herz, Gefühl, Intellekt und Willen. Durch das geistige Gemüt kann Gott mit uns kommunizieren, uns inspirieren und uns in unserem Wachstum leiten.
Das geistige Selbst braucht das physische Selbst für sein Wachstum. Gute, aber auch schlechte Handlungen übermitteln unserem Geist gute bzw. schlechte Nährstoffe. Im Gegenzug gibt der Geist dem Körper Geistige Elemente (gute Taten erzeugen Kraft und Freude bzw. schlechte Taten zehren an den Kräften).
Unser geistiges Selbst braucht zwei Nährstoffe für sein Wachstum: Lebenselemente, die von Gott kommen und Liebe und Wahrheit enthalten, und Vitalitätselemente, die ihren Ursprung im physischen Körper haben. Jedes Mal, wenn ein Mensch gemäß dem Willen Gottes und den Prinzipien der Liebe und des Dienens handelt, erhält der Geist gute Vitalitätselemente vom Körper. In Erwiderung überträgt das geistige Selbst Geistige Elemente auf den physischen Körper, indem er wahre Freude erfährt. Er wird dann fähig, mehr von der Liebe Gottes und Seiner Wahrheit zu erhalten, und kann auf diese Weise wachsen.
Wenn aber dem geistigen Selbst schlechte Vitalitätselemente, die aus egoistischen Handlungen entspringen, zugeführt werden, verursacht es der Person Schuldgefühle und die geistige Entwicklung wird verkümmern. Die einzige Lösung für diesen Menschen besteht darin, zu bereuen und seine Verfehlungen wieder zu korrigieren. Die Entwicklung und die Qualität des geistigen Selbst eines Menschen hängen also von der Qualität seiner eigenen Handlungen ab.
Es genügt nicht, das Wort Gottes nur zu hören und daran zu glauben, sondern es muss auch praktiziert werden. Ein Abschnitt im Neuen Testament hebt das ausdrücklich hervor: „Meine Brüder, was nützt es, wenn einer sagt, er habe Glauben, aber es fehlen die Werke? … Denn wie der Körper ohne den Geist tot ist, so ist auch der Glaube tot ohne Werke.“ (Jak 2,14 und 2,26) Wir müssen uns selbst zurücknehmen und für das Wohl anderer leben. Das Leben auf der Erde ist unsere beste Möglichkeit, geistig zu wachsen. Wenn unser Leben auf der Erde eines Tages endet, können wir keine weiteren Vitalitätselemente von unserem physischen Selbst empfangen und unser geistiges Wachstum wird daher viel schwieriger sein. Mit anderen Worten, da unser geistiges Selbst auf der Grundlage der guten Handlungen wächst, die unser physischer Körper vollbringt, prägen unsere Erfahrungen von Liebe, Schönheit und Freude auf der Erde unsere Fähigkeit, diese in der geistigen Welt ebenfalls zu erleben. Deshalb ist unser Leben auf der Erde so wichtig. Auf der Erde müssen das Ideal Gottes und der Zweck Seiner Schöpfung erfüllt werden.